Klosterkirche St. Norbert

Klosterkirche St. Norbert im Ortsteil Enkenbach

Zu den kunstgeschichtlich, interessantesten, kirchlichen Baudenkmälern der Pfalz gehört die Klosterkirche im Ortsteil Enkenbach, die 1272 vollendet wurde.

Blickfang der Vorhalle und baukünstlerisches Prunkstück der gesamten Kirche ist das aufwändige Hauptportal im Mitteljoch der Vorhalle. Durch die Gewölbe geschützt, bewahrte das Portal seinen ornamentalen Schmuck von erstaunlicher Vielfalt und Präzision, der nicht nur innerhalb der Region seinesgleichen sucht.
Die Klosterkirche ist mit ihrem malerischen Sinn des spätromanischen Stils mit einer kunstvollen Mischung romanischer und gotischer Formen am schönsten entfaltet und bis auf den heutigen Tag erhalten.


Aus: "21 Kirchen des Landkreises Kaiserslautern - Vom Mittelalter bis zum Barock, Otterberg 1989" von Karlheinz Schauder:

"Das Kloster zu "Ynkebach" wurde 1148 von Graf Ludwig von Arnstein und Ritter Hunefried von Alsenborn gegründet und von Nonnen aus dem Kloster Marienthal am Donnersberg übernommen. Die heutige Kloster- und Pfarrkirche entstand jedoch erst im 13. Jahrhundert. Ihren Namen erhielt sie vom heiligen Norbert, der 1115 als Wanderprediger durch Frankreich, Belgien und Deutschland zog. 1121 gründete er mit vierzig Klerikern in der Nähe von Laon den Konvent von Prémontré, nach dem die Angehörigen des Ordens Prämonstratenser genannt wurden. Der Orden, der das Mönchtum mit priesterlicher Seelsorge zu verbinden suchte, zählte in seiner Blütezeit über 600 Klöster, darunter das Prämonstratenserinnenkloster zu Enkenbach.

Mit dem Bau der Klosterkirche wurde um 1220 begonnen. Die Arbeiten zogen sich über mehrere Jahrzehnte hin, weil sich der Konvent ständig in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand und um seinen Bestand zu kämpfen hatte. Nach einer Urkunde von 1265 forderte der Wormser Bischof die Geistlichen seiner Diözese auf, Almosen für die erst zur Hälfte erbaute Kirche zu sammeln, da das arme Kloster die Mittel dafür nicht aufbringen könne. Der Bau wurde vermutlich 1272 fertiggestellt; der letzte Stein, der im Obergeschoß des südlichen Seitenschiffes eingefügt wurde, trägt jedenfalls diese Jahreszahl. Den Baumeister der Kirchen kennen wir nicht; namentlich bekannt ist lediglich ein Steinmetzmeister Volcmarus von Worms, dem die Hauptskulpturen zugeschrieben werden.

Durch den Kirchenbau hatte sich das Kloster stark verschuldet, so daß es immer wieder durch Stiftungen und Schenkungen unterstützt werden mußte. 1564 wurde das Nonnenkloster durch Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz aufgehoben und die Kirche entweiht. Lange Zeit diente sie als Stall und Scheune, in Kriegszeiten vorübergehend als Lazarett. Das Gebäude wurde im Bauernkrieg um 1525 und in den Reunionskriegen von 1689 schwer beschädigt. Erst am Karfreitag des Jahres 1708 konnten die Katholiken wieder ihren ersten Gottesdienst in der Kirche abhalten. Die stark beschädigte Kirche wurde 1876/77, 1902/04 sowie 1970/71 intensiv renoviert. Nach der letzten Restaurierung weihte der Speyerer Altbischof Dr. Isidor Markus Emanuel den neuen Hochaltar zu Ehren des heiligen Norbert, so daß die Kirche heute den Namen St. Norbert trägt.

Der besondere Reiz und die einmalige Bedeutung der ehemaligen Klosterkirche wurden recht früh erkannt und gewürdigt. Wilhelm Heinrich Riehl, der Altmeister der Pfälzischen Volkskunde, bemerkt über sie:"In Enkenbach-, auf dem rauhen Höhenplateau der Vogesen, erhebt sich eine romanische Klosterkirche recht inmitten der berühmten Westricher Nüchternheit und Dürftigkeit; es mag einem frösteln beim Anblick der rauhen Höhe - aber aus alten Trümmern und modernem Schmutz steigt ein Portal empor mit so zierlich reichem Ranken- und Blattwerk geschmückt, ein so ausgesuchtes Kabinettstück fein und geistvoll stilisierter Bildhauerei, daß wir träumen können, der kalte Enkenbacher Wind sei ein Frühlingshauch Italiens aus jener dichterischen Hohenstaufenzeit, wo die Götterbilder Roms zuerst wieder ebensosehr Heiligenbilder des Künstlers geworden waren wie vor dem des Gläubigen."

Die Enkenbacher Kirche ist ein romanisches Bauwerk mit gotischen Elementen. Es handelt sich um eine kreuzförmige Gewölbebasilika mit rechteckigem, gerade geschlossenem Chor, einem Querhaus aus drei beinahe quadratischen Abschnitten, einem Langhaus aus zwei Doppeljochen und einer zweigeschossigen Vorhalle, über der sich der Turm erhebt. Wie der fortschreitenden stilistischen Entwicklung zu entnehmen ist, entstand der Bau in mehreren Phasen. Es lassen sich drei, wenn nicht sogar fünf Bauabschnitte unterscheiden. Auf diese Weise wurden nacheinander der Obstbau, das Langhaus, das Rippengewölbe, der Westbau und das südliche Seitenschiff geschaffen.

Die ältesten Bauteile der Kirche sind Chor und Querhaus. An ihnen fällt die beträchtliche Stärke der Mauer und das Fehlen aller gotischen Formen auf. Im wesentlichen bestimmen die oberrheinischen Formen der Romanik den platten Chorschluß mit zwei Langfenstern und einem Rundfenster. Die Außenwände sind in der unteren Hälfte glatt, in der oberen mit Ecklisenen und Rundbogenfriesen versehen. Unter der Dachtraufe befindet sich ein Konsolenfries, der auf burgundisch-lothringische Formen zurückgeht. Im Inneren stammen wohl nur die Wände und die mächtigen Vierungspfeiler aus dem ersten Bauabschnitt. Die Gewölbe wurden später, gleichzeitig mit denen des Langhauses, eingezogen. Wie die Wandvorlagen in der Mitte der Seitenwände andeuten, sollte der Chor ursprünglich wohl in zwei Jochen schließen. Die gruppierten Eckdienste haben eine attische Basis. Die Wände des Chores sind von einem profilierten Sockel, einem Gesims und einem Hautgesims umzogen. Letzteres setzt sich im Langhaus fort.

Das Langhaus wurde in einer zweiten Bauphase etwa um 1225/30 begonnen. Die Außenwände sind wie die von Chor und Querhaus gegliedert. In der Mitte der beiden Langseiten werden die Mauern an den Ansatzstellen der Gewölbe durch Strebepfeiler gestützt. Die rundbogigen Fenster sind im Süden zu Zweiergruppen, im Norden als Staffelfenster zu Dreigruppen zusammengefaßt. Das Langhaus ist im gebundenen System gewölbt - auf zwei Mittelschiffjoche entfallen vier Seitenschiffjoche. Die Nord- und Südwand des Mittelschiffes sind unterschiedlich gestaltet. In der Nordwand wurden die Arkaden des Erdgeschosses spitzbogig ausgeführt und durch einen runden Blendbogen paarweise miteinander verbunden. Die Hauptstützen in der Mitte bestehen aus Pfeilern mit rechteckigen Dienstvorlagen. Die Zwischenstützen sind kurze Säulen mit hohem Sockel und verjüngtem Schaft. Durch den Wechsel von Pfeilern und Säulen ergibt sich das sogenannte Echternacher System, ein Motiv, das erstmals in der Abteikirche von Echternach (1016-31) auftritt und das hier mit frühgotischen Kapitell verbunden ist.

Das südliche Seitenschiff wurde 1272 in zwei Geschosse geteilt und vom Mittelschiff durch eine Wand getrennt. Indem man die Arkaden zumauerte, verwandelte man die Geschosse in Gänge, die das an der Südseite der Kirche liegende Kloster mit der Nonnenempore im südlichen Querhaus verbanden. Während das Erdgeschoß in späterer Zeit wieder Spitzbogenarkaden erhielt, hatte das Obergeschoß, das zur Klausur gehörte, keine Spitzbogenfenster. Eine Tür führt zum ehemaligen Lettner, der Mittelschiff und Querhaus voneinander trennte. Die bei der Einwölbung der Kirche verwandten stilistischen Mittel reichen über die Formen der Romanik hinaus und lassen bereits gotische Elemente erkennen. Die Rippen und der Jochbogen zeigen deutlich den Einfluß, der von der benachbarten Zisterzienserkirche in Otterberg auf den Bau in Enkenbach ausging. Vermutlich war zu dieser Zeit eine Gruppe von Steinmetzen in Enkenbach tätig, die zuvor in Otterberg gearbeitet hatten oder dort ausgebildet wurden.

Im letzten Bauabschnitt wurde der westliche Teil der Kirche errichtet. Es handelt sich um die Vorhalle, die so breit wie das Langhaus angelegt ist. Zu dem Joch der Mittelachse kommen im Erdgeschoß zwei schmälere Joche an der Nordseite, die mit einem Doppelfenster nach Westen geöffnet sind. Die alten Kreuzrippengewölbe und Gurtbögen ruhen auf Konsolen. Darüber befindet sich die Empore mit zwei Jochen, die vom Langhaus durch eine Mauer getrennt ist. In der Südhälfte beider Geschosse ist ein Treppenaufgang eingebaut, der im Obergeschoß zu einer Kapelle führt. Durch die Empore wird die auffällige Asymmetrie der Westfassade bewirkt. Zwischen Vorhalle und Mittelschiff befindet sich ein prachtvolles Stufenportal, von dem noch die Rede sein wird.

Im Lauf der Zeit erfuhr die Kirche einige einschneidende Veränderungen. Um 1500 wurde der Chor stark umgebaut. Im Bauernkrieg erlitt die Kirche schwere Beschädigungen, 1689 wurde der südliche Querschiffarm zerstört. In den Jahren 1707/08 erbaute man den gegenwärtigen Turm und legte den Kirchenboden etwa 60 Zentimeter höher. 1819 wurde der Kirchenboden abermals um gut einen Meter erhöht. Obwohl schon 1860 Teile des Chores eingestürzt waren, wurde die Restaurierung erst 1876/77 in Angriff genommen. Bei dieser Gelegenheit besserte man die Chormauern aus, baute den südlichen Querschiffarm wieder auf, erneuerte im südlichen Seitenschiff Gewölbe und Fenster, errichtete die schon genannte Steintreppe und brach einen Zugang vom Mittelschiff zum südlichen Seitenschiff. Auch in den Jahren 1902/04 waren beträchtliche Um- und Ausbauten erforderlich. Dabei wurde der Chor in romanischen Formen erneuert, die Vorhalle umgestaltet, Gewölbe und Wände von dem bisherigen Anstrich befreit.

Die nicht sonderlich große, kreuzförmige Anlage hat eine klare Gliederung der Massen. Das Hauptschiff ist innen 15,26 Meter lang, 7,30 Meter breit und 13,00 Meter hoch. Das Querschiff ist 22,00 Meter lang und 6,72 Meter breit. Der Chorraum ist 9,33 Meter lang und 7,57 Meter breit. Das Erdgeschoß des südlichen Weitenschiffes hat eine lichte Höhe von 3,10 Meter. Das Obergschoß ist 13,45 Meter lang, 2,60 Meter breit und 3,54 Meter hoch. Die Seiten des quadratischen Turmes sind 5,10 Meter lang, er mißt bis an den Helm 18,40 Meter und bis an das Kreuz 21,50 Meter.

Die Konzeption des Baues als mittelalterliche Ordenskirche hat ohne Zweifel die Gestalt des Gotteshauses im Innern und Äußeren mitgeprägt. Die Kirche hatte die Aufgabe, dem Gottesdienstbedürfnis der Laien und zugleich dem Klausurgebot für die Geweihten Rechnung zu tragen. Ihre eigenartige Innarchitektur ist aus der klösterlichen Klausur zu erklären, die eine Trennung der geweihten von den profanen Kirchenbesuchern vorschreibt. Nach einer gängigen Auffassung waren die Joche des Mittelschiffes und die des nördlichen Seitenschiffes für den Volksgottesdienst, die Leutmesse bestimmt. Diese wurde von dem Pleban oder Leutpriester an dem niederen Altar gefeiert, der sich unter der Wölbung des Lettners befand. Der Lettner trennte das Mittelschiff von dem Querschiff, dem Chor der Nonnen, und dem eigentlichen Chor. In diesem wurde an dem hohen Altar der Stiftsgottesdienst zelebriert. Zur gleichen Zeit wurden auf dem Lettner von den Leviten Epistel und Evangelium gesungen und dem Volke gepredigt.

Eine heutige Deutung der möglichen Nutzung der Kirche geht über diese Auffassung noch weit hinaus. Karl Lutz, Bischöflicher Archivrat i.R. in Speyer, ist der Ansicht, daß sich in Enkenbach ein Doppelkloster befand, wie es bei den Prämonstratensern üblich war, die von den Mönchen und Nonnen gleichzeitig genutzt wurde. Lutz hat seine Auffassung von der ehemaligen Kirche eines Doppelklosters in mehreren Untersuchungen zu belegen versucht. Er verweist auf eine Wormser Bischofsurkunde aus dem Jahr 1221, in der es heißt:"enkinbacensis ecclesia - fratrum et sororum ibidem deo famulantium" - "die Enkenbacher Kirche von Brüdern und Schwestern, die daselbst Gott dienen". Er hält im übrigen dafür, daß die Ordensverfassung und der Baubestand die Doppelkirche bezeugen, die geistliche Gemeinschaft in leiblicher Getrenntheit ermöglichte. Nach Lutz war der Ostteil der Kirche als Mönchschor geplant und genutzt, während der Westteil Raum für Nonnenchor und Laienschiff bot. Das Erdgeschoß war für Mönche und Laien vorgesehen, das Obergeschoß blieb den Klosterfrauen vorbehalten. Demnach befand sich der Mönchsgang im Unter-, der Nonnengang im Obergeschoß des südlichen Seitenschiffes.

Bei einem Besuch des Gotteshauses fällt zunächst die Asymmetrie der Schauseite auf, die auch der Turm in der Mitte nicht aufzuheben vermag. Seine beiden Strebepfeiler gliedern die Fassade und rahmen an zentraler Stelle ein siebenteiliges Rosenfenster und das rundbogige Hauptportal, das eine spitzbogige Blende überhöht. Die beiden Streben haben unterschiedliche Stärke, so wie das nördliche Drittel des Baues anders gestaltet ist als das südliche. Der Anblick der Schauseite mag verwirrend anmuten, zumal neben der unregelmäßigen Aufteilung noch verschiedenartige Formen auftreten: neben dem Rund- und Spitzbogen, neben dem Rund- das Langfenster. Wenn wir an der Stirnseite durch das Hauptportal eingetreten sind, stehen wir in der Vorhalle und befinden uns vor einem zweiten, sehr aufwendig gestalteten Portal, das unsere volle Aufmerksamkeit verdient.

Das prachtvoll skulptierte Stufenportal zwischen Vorhalle und Mittelschiff entstand wohl um 1250 und wurde wahrscheinlich von dem Meister Volcmar aus Worms (gestorben 1253) geschaffen. Zwischen zwei Mauerpfeilern führt ein dreistufiges Gewände in den Raum. Das Laubwerk ihrer Kapitelle verbindet sich mit dem der Gewändeteile. Der Kämpfer links vom Betrachter weist regelmäßiges Flechtwerk auf, der rechte zeigt streng gereihte Blätter. Die Archivrollen über den beiden Platten tragen ornamentales und naturalistisches Blattwerk. Das Bogenfeld, das sie umrahmen, ist wie ein Teppich aus Weinranken gestaltet. Das überaus flache Relief des Weinstocks enthält gleichwohl viele Details: Trauben, Ranken und Stengel. In das Weinlaub sind außerdem Tiere eingearbeitet. In der Mitte das Lamm Gottes mit der Kreuzesfahne, rechts (von dem Kunstwerk aus gesehen) vier traubenpickende Vögel, links die Tiere Hase, Hund, Eichhörnchen und Schwein. Auf den Kämpferplatten liegen je zwei Tiere mehr legendärer Art: zur Rechten Löwen, die einander anblicken, zur Linken zwei Drachen, die sich in den Schwanz beißen.

Das überaus kunstvolle Tympanon ist theologisch nicht so leicht zu deuten. Dr. Sighart schreibt in seiner "Geschichte der bildenden Künste im Königreich Bayern" dazu:"Zu den elegantesten Leistungen der Steinmetzenkunst jener Zeit gehört das westliche Portal mit Löwen und Basilisken auf den Säulen und mit köstlichem Weinlaub im Tympanum, zwischen welchem um das in der Mitte befindliche Lamm Gottes rechts die reinen Tauben (die Gläubigen), links die unreinen Thiere (Hase, Hund, Schwein, Eichhörnchen), einherwandeln. Ohne Zweifel liegt hier Symbolik zu Grunde. Es ist entweder das Bild des Gerichtes, der Richter in der Mitte, die Reinen zu seiner Rechten, die Unreinen zu seiner Linken; oder es ist der Weinberg der Kirche, in dem das Lamm Gottes wohnt und in dem vom Blute Christi die Gläubigen sich nähren, während die unreinen Thiere zur Linken die Ungläubigen und Sünder in der Kirche bedeuten. Der Satan aber geht außen herum mit erhobenem Schweife als Löwe oder als niedrig schleichender Basilisk und sucht, wen er verschlingen möge."

Die Bedeutung des Tympanons als einer Darstellung des Jüngsten Gerichtes hat einiges für sich. Danach trennt das Lamm Gottes, der Weltenrichter, die Tauben als Symbole der Seligen zu seiner Rechten von den unreinen Tieren als den Sinnbildern für die Verdammten zu seiner Linken. Die Vögel gelten meist als Verkörperung des Friedens und der Reinheit. Dagegen ist der Hase als Symbol der Unzucht und des Lasters bekannt. Der Hund verkörpert im Mittelalter den Neid und den Zorn. Das Eichhörnchen tritt als Abbild der Unstetigkeit und des Teufels auf. Das Schwein schließlich dient zur Darstellung des Lasters schlechthin. Diese Erklärung wird auch durch die Tiere über den Kämpfern gestützt. Die Löwen auf der Seite der Seligen gelten als Symbol der Auferstehung, die Drachen auf der Seite der Verdammten hingegen als Ausgeburten der Hölle.

Zu der komplizierten Ikonographie des Enkenbacher Portals wurden in jüngster Zeit zwei interessante Deutungsversuche veröffentlicht. Manfred Fath weist in seinem Beitrag darauf hin, daß die mittelalterlichen Kirchenbauten als Darstellung des himmlischen Jerusalem aufgefaßt wurden. Das Portal als die Grenze zwischenweltlichem und sakralem Bereich enthielt dabei oft eine Abbildung des Jüngsten Gerichtes, das vor dem Eintritt in die himmlische Seligkeit steht. Im Anschluß an Johannes 15,1 und 5, wo Christus als der wahre Weinstock bezeichnet wird, vertritt Fath die Deutung des Tympanons als Weinberg der Kirche:"Für den Bedeutungsgehalt des Portals ergibt sich also, daß es den Weinberg der Kirche im Glanze ihres heiligen Wortes symbolisiert, über den das Gotteslamm herrscht. Die Vögel sind Sinnbilder der Seelen, die der Früchte des Paradieses teilhaftig geworden sind, während die übrigen Tiere Laster zu verkörpern scheinen."

Zu einem ganz anderen Ergebnis gelangt Alfred H. Kuby in seiner Betrachtung. Für ihn sind die Vögel zwar auch Sinnbilder der Heiligen, der Christen, die schon auf Erden an den Früchten des Weinstocks, an Christus, Anteil haben. "Aber am Ziel der Zeiten werden alle am Sieg des Lammes, am ewigen Heil, teilhaben. Daß es sich jeweils um vier Vögel und vier "unreine" Tiere handelt, mag darauf hinweisen, daß die Geretteten aus allen vier Himmelsrichtungen, das heißt aus allen Völkern und aus aller Welt kommen werden." Nach Kubys Ansicht wird am Portal der Enkenbacher Klosterkirche keineswegs das Jüngste Gericht plastisch dargestellt. Vielmehr handle es sich um ein Bild der christlichen Hoffnung, die die Wiederbringung aller Dinge, die Wiederherstellung der Welt in den ursprünglichen Zustand, genannt wird.

Ist das Tympanon auch das Schönste und Eindrucksvollste, was die Enkenbacher Kirche aufzuweisen hat, so sind im Innern des Gotteshauses doch auch die Stimmung des Raumes und die reiche Dekoration bemerkenswert. Beim Eintritt in das Mittelschiff treffen wir auf eine gedrängte Raumfolge, die fast an einen Zentralbau erinnert. Das Bild wird von dem freundlichen Kontrast zwischen dem weiß getünchten Grund und der sandsteinernen Gliederung belebt. Um das Viereck, in dem sich Längs- und Querschiff überschneiden, gruppieren sich das Rechteck des Chores, die annähernd quadratischen Flügel des Querhauses und die beiden Joche des kurzen Mittelschiffes, die gleichfalls dem Quadrat nahekommen.

Die Ornamentik des Portals regt den Besucher dazu an, auch im Innern der Kirche nach solchen Formen Ausschau zu halten. Auch hier findet man eine eigentümliche Mischung romanischer und frühgotischer Formen vor. Die Kapitelle an den östlichen Vierungspfeilern haben an den Kanten breite Blätter, die in der Mitte lanzettlich geformt sind. Um den Kapitelkelch schlingt sich ein diamantiertes Band. An den südwestlichen Vierungspfeilern befinden sich Blattstengelkapitelle und neben ganz reinen Knospenkapitellen auch Säulenhäupter mit bandförmig ineinander geschlungenen Blättern. Die Säulen des Langhauses weisen frühgotische Knospenkapitelle auf, bei denen die aufgelegten Blätter eher herb gestaltet sind. Schließlich sind die Schlußsteine des Mittelschiffes mit naturalistischem Laubwerk geschmückt.

Von der Ausstattung aus der Zeit des Mittelalters ist in der Kirche nur noch wenig zu sehen. Neben dem Nordeingang ist ein Weihwasserbecken auf einem frühgotischen Säulenkapitell angebracht, auf das man einen Quaderstein mit spätgotischem Relief gestellt hat. Diese Arbeit aus Rotsandstein stammt aus der Zeit um 1500. Aus der Barockzeit haben sich zwei Holzfiguren der Maria und des Johannes erhalten, die als Assistenz für ein heute verlorenes Kruzifix dienten. Das Elfenbeinkruzifix in der Sakristei und die Monstranz wurden in der Mitte des 18. Jahrhunderts angefertigt. Die heutige Ausstattung mit Altar, Ambo und Tabernakel stammt von dem Bildhauerehepaar Kubach-Wilmsen, Ebernburg. Die zentrale Stellung des Meßopfertisches möchte dazu beitragen, Christi Abendmahlsworte vor Augen zu führen.

An der nördlichen Chorwand ist eine Sandsteinplatte mit lateinischer Inschrift eingemauert. Der Text in frühgotischen Majuskeln lautet:

"Notum sit omnibus hoc scriptum Kund sei allen diese Inschrift Legentibus, quod Godfredus Lesenden, daß Gottfried Nobilis de Metis legavit huic Edler von Metz, vermacht hat dieser Ecclesiae bona in allodium aet- Kirche zu ewigem Eigenthum Ernum in Hemingesbach Die Güter in Hemsbach. Insuper contulit Ecclesiae cen- Außerdem hat er der Kirche ge- schenkt Tum libras hallensium. Et Hundert Pfund Heller. Und dies Sub hac condictione. Ut Unter dieser Bedingung, daß Annivo habeat Sacerd- Am Jahrestage der Priester Os de loco Samtbach et Des Ortes Sambach halte und Celebret Missam in honorem Feiere die Messe zu Ehren Beatae Mariae V. et pro remedio Der seligen Jungfrau Maria und zum Heile Animae suae et omnium pa- Seiner Seele und aller rentum suorum. Quiconque Seiner Vorfahren. Wer immer Autem hoc fregerit, maledic- Aber dieses bricht, der sei Tus sit et sciat, se id Verflucht und wisse, daß er das Responsurum Deo et Zu verantworten habe Gott und Mariae V. in die judicii. Der Jungfrau Maria am Tage des Gerichtes."

Der Inhalt dieser Inschrift wird durch eine Urkunde aus dem Jahr 1266 bestätigt, die sich heute im Landesarchiv Speyer befindet. Der Schenkgeber Gottfried von Metz gehörte zum Geschlecht der Herren von Scharfeneck, die in der Nähe von Annweiler eine Burg besaßen und sich um die Mitte des 13. Jahrhunderts den Titel "Ritter von Metz" zulegten.

Enkenbach ist eine der wenigen Niederlassungen des Prämonstratenserordens in Deutschland, die den Wandel der Zeiten überdauert hat. Die altehrwürdige Kirche gehört zu den kunstgeschichtlich interessantesten Baudenkmälern der Pfalz und ist nach der Abteikirche in Otterberg der bedeutendste Kirchenbau des Landkreises. Die Enkenbacher Kirche ist ein wichtiges Bindeglied vom romanischen Stil zur Frühgotik. Das Gotteshaus zeigt den typischen Übergangscharakter: in seiner Anlage spätromanisch, im Innern der Frühgotik nahestehend. Das Westportal, der künstlerische Höhepunkt des ganzen Bauwerkes, ist eines der schönsten und besterhaltenen romanischen Portale der deutschen Baukunst. Gleichwohl enthält es bereits eine Mischung von abstrakten romanischen Formen und frühgotisch naturalistischen Gebilden. Bei allen Anklängen an die Otterberger Abteikirche besitzt Enkenbach nicht die heroische Strenge der Zisterzienserkirche. Die Enkenbacher Kirche zeigt eine enge Verwandschaft zur Wormser Bauhütte; auf diese Weise kommt ihr eine vermittelnde Stellung zwischen Worms und Otterberg zu.

Vor kurzem hatte die Bevölkerung Anlass, das 700-jährige Bestehen der wertvollen mittelalterlichen Kirche zu feiern. Die künstlerische und geschichtliche Bedeutung des Baudenkmals wurde dabei eingehend gewürdigt. Am 18. Juni 1972 feierte man im festlich geschmückten Enkenbach das Jubiläum der Pfarrkirche St. Norbert mit Pontifikalamt und Festakt. Während der Erneuerung der Kirche von 1969-71 hatte die protestantische Pfarrgemeinde Enkenbach ihre Kirche hilfsbereit für den katholischen Gottesdienst zur Verfügung gestellt.

In seinem Grußwort für die Festschrift zur Alsenborner 1100-Jahrfeier hatte der damalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Dr. Helmut Kohl, bereits im Mai 1972 "an die 700 jährige Geschichte und die künstlerische Bedeutung der Klosterkirche im Ortsteil Enkenbach erinnert, die gerade heute nach der Restaurierung die malerische Seite eines romanischen Spätstils repräsentiert, der mit vielen gotischen Elementen aus Frankreich angereichert ist". Der Speyerer Bischof Dr. Friedrich Wetter bezeichnete die Kirche in seiner Festpredigt als "erlesenes Kunstwerk, als Juwel unter den Kirchen unserer Heimat"."